Urteil vom BGH zum gutgläubigen Erwerb beim Gebrauchtwagenkauf
Der Kauf eines Gebrauchtwagens kann rechtlich eine heikle Angelegenheit werden. Erwirbt ein Käufer sein Fahrzeug von einem Betrüger, bei dem später ersichtlich wird, dass dieser nicht der rechtmäßige Eigentümer war, kann der Konflikt um die Eigentumsrechte kompliziert werden. Der BGH hat in einem aktuellen Fall die rechtliche Position des Käufers gestärkt.
Der Fall
Die Klägerin war eine italienische Handelsgesellschaft, welche Fahrzeuge in Italien vertreibt. Im Jahr 2019 hat diese unter Hinzuziehung eines Vermittlers ein Fahrzeug von einem deutschen Autohaus erworben. Nach der Bezahlung des Autos beim deutschen Autohaus holte der Vermittler das Fahrzeug und lieferte es bei der Klägerin in Italien ab. Das Autohaus war jedoch nie Eigentümer des Gebrauchtwagens, da dieser nur geleast war. Eigentümer des Fahrzeugs war also die Leasinggesellschaft, welche auch im Besitz der Zulassungsbescheinigung Teil II war.
Die Beweis- und Darlegungslast
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung gehört die Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II zu den Mindestanforderungen für den gutgläubigen Erwerb eines Gebrauchtwagens. Im Falle der Nichtanerkennung der Gutgläubigkeit durch den ursprünglichen Eigentümer hat der Erwerber eine sekundäre Darlegungslast. Er muss plausibel vorlegen, dass er die Zulassungsbescheinigung Teil II geprüft hat. Der Erwerber muss also lediglich die Erwerbsvoraussetzungen im Sinne des §929 BGB beweisen, aber nicht die Gutgläubigkeit. Der Beweis, dass diese Angaben nicht zutreffen und keine Gutgläubigkeit vorliegt, muss vom ursprünglichen Eigentümer erbracht werden.
929 BGB: Einigung und Übergabe
„1Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll.
2Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.“
Zulassungsbescheinigung Teil II
Die Zulassungsbescheinigung Teil II oder umgangssprachlich der Fahrzeugbrief, ist wichtiger Bestandteil des Eigentumsnachweises eines Fahrzeugs. Mangelnde Gutgläubigkeit kann jedoch nicht durch die fehlende Aushändigung der Bescheinigung bewiesen werden. Grundsätzlich ist die Einbehaltung des Fahrzeugscheins nicht unüblich. Hier bezieht sich die Klägerin auf ihren Kaufvertrag, in dem das Vorgehen ausdrücklich so vereinbart wurde, um sicherzustellen, dass die „Gelangensbestätigung“ von der Klägerin übersendet wird. Die Gelangensbestätigung dient zum Nachweis der Umsatzsteuerfreiheit bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Bei der Vorlage einer gefälschten Bescheinigung, welche täuschend echt wirkte, hat die Klägerin keine weiteren Nachforschungspflichten.
Das Urteil
Die Klägerin hat nach Überzeugung des OLG hinreichend vorgetragen, dass die Anforderungen nach §929 BGB und die Prüfung der Bescheinigung umgesetzt wurden. Die ursprüngliche Eigentümerin konnte nicht beweisen, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt wurden. Der Klage wurde also stattgegeben und die Klägerin hat Anspruch auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II. Weiterhin läuft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer des deutschen Autohauses wegen Betrugsverdachts in über 100 Fällen.
Quellen
https://www.zeit.de/mobilitaet/2022-09/bgh-urteil-gebrauchtwagenkauf-betrug
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__929.html