Arbeitsrecht: Diskussion zu Text- oder Papierform von Arbeitsverträgen
Die EU hat vor rund drei Jahren eine Richtlinie (2019/1152) ausgearbeitet, in der nun wesentlich genauer, transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer in der EU festgehalten sind. Bis zum 31 Juli haben die Länder jetzt noch Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzuwandeln. Die Bundesregierung hätte damit die Chance, ihre Ziele zur Digitalisierung weiter umzusetzen.
Momentan finden sich Regelungen zu Arbeitsverträgen im BGB und der GewO. Das BGB definiert unter §611a einen Arbeitsvertrag bisher wie folgt:
Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
In §105 der Gewerbeordnung (GewO) wird zudem die Ausgestaltung eines Arbeitsvertrages geregelt:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages frei vereinbaren, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen. Soweit die Vertragsbedingungen wesentlich sind, richtet sich ihr Nachweis nach den Bestimmungen des Nachweisgesetzes.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat nun Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern angehört, da der aktuell von der Bunderegierung vorgelegte Gesetzesentwurf unter anderem die Frage aufwarf, inwiefern die Bedingungen für ein Arbeitsverhältnis rein digital (Textform) oder zusätzlich in der gewohnten gedruckten Version (Papierform) festgehalten werden müssen. Denn obwohl die EU-Richtline zumindest Spielräume zur Beschleunigung digitaler Prozesse in Unternehmen zulässt, findet sich dazu im Entwurf der Bundesregierung nichts wieder.
Die Kritik an der Papierform
Das Beharren auf dem Arbeitsvertrag in Papierform wird stark kritisiert als falsche Signalwirkung. Dies sei weder nachhaltig noch digital, verbrauche unnötige Ressourcen und stelle damit für den Arbeitgeber einen nicht nachvollziehbaren Aufwand dar. Es fehle so die Glaubwürdigkeit, Deutschland sei ein digitaler Wirtschaftsstandort.
Achim Berg, Präsident des Branchenverbands der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche Bitkom, findet daher im Vorfeld deutliche Worte für den Entwurf, bei Arbeitsverträgen in rein digitaler Form ein Bußgeld zu verhängen. Seiner Meinung nach ist die Pflicht zusätzlich den Vertrag auch in Papierform anzufertigen ein großer Schritt zurück in der Zeit.
So auch die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), die ähnlich wie Berg den Gesetzesentwurf als „Bürokratismus in Reinform“ und als Rückschritt bezeichneten. Darüber hinaus seien laut Carlos Frischmuth, Manager beim Personaldienstleister Hays und Chef des Bundesverbands für selbstständige Wissensarbeit, ein relevanter Anteil an Arbeitnehmern remote eingestellt, können also theoretisch von überall auf der Welt aus arbeiten. Hier einen Arbeitsvertrag per Post zuzuschicken, sei schlicht nicht mehr zeitgemäß.
Gründe für eine Papierform
Vertreter der Arbeitnehmerseite, wie etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßen hingegen die Pflicht zum schriftlichen Arbeitsvertrag, da nach Jana Wömper nur die Papierform die beste Beweiskraft in juristischen Auseinandersetzungen liefere.
Der Bund der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtbarkeit unterstützen die These der Beweisbarkeit. Jedoch seien Arbeitnehmer „heute nahezu vollständig mit digitalen Medien vertraut“. Daher sei zu prüfen, inwiefern ein Nachweis in elektronischer Form zugelassen werden kann.
Aus anwaltlicher Sicht ist dieses Argument allerdings wenig schlüssig. Aussagen des Deutschen Anwaltvereins, sowie die gängige Praxis in Gerichtssälen widerlegen dies bereits.
Quellen
Arbeitsausschuss diskutiert über Papier- oder Textform bei Arbeitsverträgen (rsw.beck.de; zuletzt aufgerufen am 10.07.2022)
Transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen (ec.europa.eu; zuletzt aufgerufen am 10.07.2022)
Tausende Arbeitsverträge müssen geändert werden (mdr.de; zuletzt aufgerufen am 10.07.2022)
BGB §611a Arbeitsvertrag (gesetze-im-internet.de; zuletzt aufgerufen am 10.07.2022)
Diskussion um Papier- oder Textform bei Arbeitsverträgen (bundestag.de; zuletzt aufgerufen am 10.07.2022)