Reiseportal muss Echtheit von Hotelbewertungen verifizieren
Für den eigenen Sommerurlaub beginnt die erhoffte Entspannung längst nicht mehr im Reisebüro, sondern immer häufiger bequem auf dem Sofa über das Internet. Allein der Begriff „Urlaub buchen“ hat etwa 165.000 Suchanfragen pro Monat. Meist landet man dann auf einer der etablierten Anbieterseiten von Reiseportalen.
Einer der ausschlaggebendsten Faktoren für die letztendliche Entscheidung zur Buchung, sind dabei auch immer mehr die Rezensionen von Hotelgästen. Entsprechend wichtig ist es, dass diese Bewertungen auch von realen Gästen geschrieben wurden, die in dem Hotel auch tatsächlich übernachtet haben. Branchenübergreifend existieren Studien, die 40% aller Reviews als wahrscheinlich gefälscht ansehen. Problematisch für Hotelbetreiber, da bei anonymisierten oder pseudonymisierten Bewertungen nur schwer ersichtlich ist, ob es sich hierbei um einen realen Hotelgast handelt.
BGH gibt Ferienparkbetreiber Recht
Das BGH entschied nun nach einer Klage eines Ferienparkbetreibers an der Ostsee, dass Reiseportale in die Pflicht genommen werden unwahre Rezensionen zu löschen, falls ein Hotel sich über einen nicht existierenden Gästekontakt beschwere. Dabei reicht allein die Behauptung, der Urheber des Kommentars sei nicht Gast des Hotels gewesen. Damit fällt dem Portal eine sog. sekundäre Darlegungslast zu, es muss also klären, ob der Autor oder die Autorin tatsächlich Gast in der Unterkunft gewesen ist. Ist das nicht möglich oder kann die Plattform der Aufforderung anderweitig nicht nachkommen, ist der „fehlende Gästekontakt als wahr zu unterstellen und die Bewertung damit rechtswidrig. Das Portal haftet als mittelbarer Störer, das Hotel kann Unterlassung fordern.
„Eine nähere Begründung, warum ein Verfasser nicht Gast gewesen sein soll, müsse ein Hotel nur liefern, wenn sich dessen Identität ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt. Angaben, die lediglich für einen Gästekontakt sprächen, reichten nicht aus. Denn das Hotel könne diese regelmäßig nicht überprüfen“ (Urteil vom 09.08.2022, Az. VI ZR 1244/20).
Erst die Berufung vor dem OLG hat Erfolg
Dem BGH-Urteil waren bereits teilweise sehr widersprüchliche Urteile aus Köln vorausgegangen. Zunächst wies das Landgericht die Klage ab, da die Bewertungen zu präzise seien, als dass sie gefälscht sein könnten. Konkret wurde ein bestimmter Apartmentkomplex genannt, sowie ein bestimmtes Zimmer aufgeführt, in dem auf Möbeln Flecken seien, was für die Echtheit der Rezensionen spreche.
Das OLG Köln war wiederum der Ansicht, dass das Portal die Verfasser dennoch hätte kontaktieren müssen, um die Rezensionen zu verifizieren. Dass die Bewertungen gefälscht seien, wäre zwar als unwahrscheinlich anzusehen, aber dennoch möglich. Es sei nicht klar ersichtlich gewesen, wer der Ersteller der beigefügten Fotos in den Rezensionen sei.
Es gebe zudem keine generelle Prüfpflicht, jede veröffentlichte Rezension zu überprüfen. Wird das Portal allerdings auf eine „klare Rechtsverletzung“ von einem Hotel hingewiesen, löse dies eine Prüfpflicht aus. War der Verfasser kein Hotelgast, kann dies eine Prüfplicht auslösen. Hierbei sei aber jeweils der Einzelfall zu beurteilen, ob sich eine Prüfplicht ergibt. Das Hotel muss konkret belegen können, dass und warum keine Gästebeziehung nachgewiesen werden kann. Auch muss sichergestellt werden, dass die geschilderten Umstände in der Rezension nicht zu präzise sind, als dass sie gefälscht sein könnten, was die Behauptung des Hotels dann unglaubwürdig erscheinen ließe. So wären Mängelrügen, die man sich „nicht ohne weiteres ausdenken kann“ ein Beweis für eine vorliegende Gästebeziehung.
Allgemeine Bedeutung für Bewertungen im Internet
Das Urteil könnte damit nach Ansicht von einigen Rechtsanwälten nicht nur auf Buchungsportalen wegweisend sein, sondern branchenübergreifend überall, wo die Möglichkeit besteht eine Bewertung zu hinterlassen, denn die Problematik von anonymen bzw. pseudonymisierten Rezensionen besteht nahezu überall.
Quellen
Bewertungsportal muss Posts prüfen (tagesschau.de, zuletzt aufgerufen am 26.09.2022)
BGH: Reiseportal muss Echtheit von Hotel-Bewertungen überprüfen (br.de; zuletzt aufgerufen am 26.09.2022)
Reiseportal muss Echtheit von Hotel-Bewertungen überprüfen (zeit.de; zuletzt aufgerufen am 26.09.2022)
Bewertungsportal muss Echtheit von Online-Bewertungen überprüfen (wbs-law.de; zuletzt aufgerufen am 26.09.2022)
Reiseportal muss Echtheit von Hotel-Bewertungen überprüfen (rsw.beck.de; zuletzt aufgerufen am 26.09.2022)
Bewertungsportal muss Gastkontakt nachweisen (lto.de; zuletzt aufgerufen am 26.09.2022)
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