BGH-Urteil: Prozess um Raser aus Moers muss zum dritten Mal verhandelt werden
Das illegale Autorennen zweier junger Männer in einem Wohngebiet in Moers, bei dem eine unbeteiligte Frau tödlich verletzt wurde, ist insgesamt zum zweiten Mal beim BGH. Der verwies wegen eines Rechtsfehlers jetzt den Fall an das Landgericht Duisburg.
Der Unfallhergang
An Ostern im Jahr 2019 befuhr der Angeklagte zusammen mit einem Kontrahenten eine Straße in einem Wohngebiet in Moers. Dabei nutzte er die Gegenfahrbahn, um sich offenbar ein Rennen zu liefern. Auswertungen ergaben Geschwindigkeiten von bis zu 157 km/h. Als das Opfer von einer Seitenstraße aus auf die Fahrbahn abbog, kam es trotz Brems- und Ausweichmanövern zu einem Zusammenstoß mit rund 100 km/h. Dabei zog sich das Opfer so starke Verletzungen zu, dass es später im Krankenhaus starb.
Die Urteile der Gerichte im Detail
Nachdem der hauptverantwortliche Fahrer zunächst floh und sich rund eine Woche später der Polizei stellte, wurde er 2020 vor dem LG Kleve zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes verurteilt. Das Urteil kassierte der BGH wegen des mangelnden Tötungsvorsatzes ein. Beide Fahrer seien auf einer Vorfahrtsstraße unterwegs gewesen, es sei daher nicht vollständig auszuschließen, dass der Angeklagte darauf vertraute, querende Autos würden anhalten.
Nun wurde der Mann zu vier Jahren Gefängnis wegen eines verbotenen KFZ-Rennens mit Todesfolge verurteilt. Hier legten Staatsanwaltschaft und die Familie des Opfers als Nebenkläger Revision ein, da sie auf eine Verurteilung wegen Mordes pochten.
Der festgestellte Rechtsfehler erklärt
Auch dieses Urteil hob der BGH in Teilen auf, da es widersprüchliche Beweiserwägungen zum Vorsatz des Täters gäbe. Der Vorsatz des Täters, die sog. innere Tatseite sei nicht widerspruchsfrei vorgetragen worden. Im Kern geht es dabei hierum, um einen bedingten Tötungsvorsatz, den das Landgericht verneinte und einen bedingten Gefährdungsvorsatz im Sinne des §315d Abs. 2 StGB, der bejaht wurde.
Problematisch in den Augen des BGHs: Verneint wurde der bedingte Tötungsvorsatz, da der Angeklagte nicht ausschließbar darauf vertraute, dass eine Kollision mit dem querenden Verkehr ausbleibt. Bejaht wurde der bedingte Gefährdungsvorsatz aber mit der Annahme, dass er mit einer Kollision gerechnet habe. Für die Karlsruher Richterinnen und Richter ein Rechtsfehler, weswegen der Fall jetzt beim LG Duisburg liegt.
Illegale Autorennen mit Todesfolge in der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung bei illegalen Autorennen, insbesondere falls dabei Menschen tödlich verletzt werden, hat sich in den letzten Jahren stark geändert. Während in der Vergangenheit Delikte dieser Art meist als Ordnungswidrigkeiten geahndet wurden, ist spätestens seit den sog. „Kudamm Rasern“ klar, dass Autorennen als Straftaten angesehen werden können, in diesem Fall sogar als Mord bzw. versuchten Mord.
Der Fall aus Berlin, über den auch Dr. Höchstetter berichtete, ist unter Juristen nach wie vor hochumstritten, da die Frage, ob bei einer stark überhöhten Geschwindigkeit des Täters in der Innenstadt zumindest ein bedingter Tötungsvorsatz vorliegt, was eine Verurteilung wegen Mordes rechtfertigen würde. Zudem existiert im StGB mittlerweile auch der §315d, der eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren in Aussicht stellt, der ein illegales Autorennen ausrichtet, daran teilnimmt oder der sich mit „nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Mit steigender Gefährdung der Mitmenschen sind dabei bis zu zehn Jahre Haft möglich. Kritik gibt es mitunter dafür, dass nicht eindeutig geklärt ist, was die „höchstmögliche Geschwindigkeit“ bedeutet.
Diese aufgeführten Streitpunkte sind unter anderem dafür verantwortlich, falls Landgerichte wie etwa in Berlin oder Kleve kein eindeutiges Urteil fällen können bzw. die angefochtenen Revisionen von Verteidigung oder Staatsanwaltschaft Erfolg haben, sodass sich der BGH mit einem Fall oft mehrfach beschäftigen muss.
Quellen
Tödlich endendes Kfz-Rennen wegen fehlerhaften Feststellungen zum Vorsatz neu zu verhandeln (rsw.beck.de; zuletzt aufgerufen am 23.02.2023)
Gericht muss tödlichen Raserunfall von Moers zum dritten Mal verhandeln (rnd.de; zuletzt aufgerufen am 24.02.2023)
Moers: Raserprozess muss ein drittes Mal verhandelt werden (nrz.de; zuletzt aufgerufen am 24.02.2023)
BGH: Neuer Prozess zu tödlichem Raser-Unfall von Moers nötig (merkur.de; zuletzt aufgerufen am 23.02.2023)
$315d StGB (gesetze-im-internet.de; zuletzt aufgerufen am 23.02.2023)
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